Susanne Wiesinger ist Lehrerin an einer Brennpunktschule in Wien. Dort gibt es mittlerweile etliche Brennpunktschulen:

Die Probleme sind mannigfaltiger Art: Nur eine kleine Minderheit der Schüler hat Deutsch als Muttersprache. Die meisten Schüler haben Migrationshintergrund, sie (oder ihre Eltern) stammen aus der Türkei, aus Serbien, Albanien, Nordafrika, Afghanistan, Syrien, Schwarzafrika, aus aller Herren Länder. Die Deutschkenntnisse sind sehr gering, etliche Schüler können dem Unterricht nicht folgen. Das Niveau ist entsprechend  gering. Immer wieder gibt es Konflikte, z.B. zwischen Türken und Kurden, zwischen Sunniten und Schiiten. Der Islam spielt im Schulalltag eine erhebliche Rolle.

Während des Ramadan sitzen viele Schüler apathisch in der Klasse oder schlafen ein, sie dürfen bekanntlich nichts essen und trinken während des Tages. Die Mädchen schwänzen den Schwimmunterricht, sie dürfen sich nicht den Jungen unverhüllt zeigen. An Klassenfahrten nehmen Muslime oft nicht teil, die Eltern fürchten einen negativen Einfluss. Kulturveranstaltungen, wie gemeinsamer Theaterbesuch, Kino, Konzert etc. werden nur sporadisch in Anspruch genommen. Förderkurse werden nicht frequentiert.

Grundsätzlich wird die westliche Welt  als Bedrohung wahrgenommen. Die Moralvorstellungen des Westens werden abgelehnt. Immer mehr Parallelgesellschaften entstehen, Ghettoisierungen. Muslime können in ihren Vierteln alles haben, was man so zum Leben braucht. So gibt es nicht wenige Schülereltern, die jahrzehntelang in Wien wohnen, aber kaum Deutsch können. Bildung und Wissenschaft spielen in ihrem Leben keine Rolle. Sie bringen ihren Kindern bei, dass nur das, was im  K o r  a n   steht, wichtig ist. Der Koran aber bietet die Leitlinie ihres Lebens. Überhaupt ist es wichtig, ein guter Moslem zu sein. Der kommt in den Himmel im Gegensatz zu den Ungläubigen, die in der Hölle schmoren werden. Das Leben nach dem Tod ist grundsätzlich wichtiger als dieses irdische Leben.

Für Schüler,  die aus solchen bildungsfernen, orthodox – religiösen Familien stammen, ist es natürlicherweise sehr schwer, eine Motivation fürs Lernen aufzubauen. Ohne Schulabschluss ist der Anschluss an die Gesellschaft kaum machbar. Eine Hartz4 –„Karriere“ ist die Folge. Allerdings sind die Wünsche, was man gerne haben und werden möchte, enorm hoch.

Zur Illustrierung der Schulmisere an diesen Brennpunktschulen ein paar Beispiele: Ein 8jähriges Mädchen erklärt der Lehrerin im Musikunterricht, dieses Lied dürfen wir nicht mitsingen, dann sind wir schlechte Muslime und kommen in die Hölle. – Eine Kurzgeschichte im Fach Deutsch fängt damit an, dass eine junge Frau einen Freund hat. Die islamischen Schüler erklären daraufhin, dass das doch verboten ist, dass das nicht sein darf und  nicht sein kann. Also weigern sie sich, die Geschichte weiter zu lesen. – Muslimische Schüler bedrohen eine Schülerin, sie würden ihr (ärmelloses) Sommerkleid zerschneiden. Die Folge: Von diesem Zeitpunkt an kommt diese Schülerin nur noch islamisch verhüllt zur Schule. –Überhaupt sind die islamischen Kleidervorschriften und das Kopftuch ein Riesenproblem. Verrutscht das Kopftuch etwa beim Sportunterricht, wird die Schülerin als „Schlampe“ bezeichnet. Beleidigungen und Bedrohungen greifen immer weiter um sich.

Was ist zu tun? Wie soll die Schule reagieren? Wer glaubt, dass Lehrerkollegium und Schuldirektor jetzt Hand in Hand versuchen, dem fundamentalen Islam entgegen zu wirken, hat sich getäuscht.

Manche Lehrer reagieren mit Resignation, etliche werden krank, die Fehlstunden steigen an. Die Probleme werden, vor allem von linken Lehrern und Schulleitern, schöngeredet. Gewaltprobleme werden ignoriert und verschleiert. Jede Schule möchte nach außen gut dastehen. Mangelhafte Leistungen sind Schuld des Lehrers, er hat die Schüler zu wenig gefördert. Also werden „Vierer“ ohne Ende verteilt, auch bei indiskutablen Leistungen. Man redet sich die Welt schön.

Mädchen heiraten doch sowieso. Also, was soll`s, wenn die doof bleiben. Gerade linke Lehrer und linke Parteien, die sich jahrzehntelang zu Recht über die Diskriminierung von Mädchen aufgeregt haben, die mehr Bildung für alle verlangt haben, völlig zu Recht, die schweigen, wenn es um muslimische Mädchen und deren Diskriminierung geht. Der Islam darf  nicht kritisiert werden. Sonst gilt man als islamophob, als rechts, als rassistisch, als ausländerfeindlich. Also: Man schweigt, man lächelt, man zuckt mit den Schultern, man hat ganz offensichtlich resigniert, man hat sich dem Mainstream voll angepasst.

Genau zu dieser Anpassung und zu dieser verbreiteten Resignation ist die Autorin, Susanne Wiesinger, nicht bereit. Das macht sie bewundernswert. Sie berichtet ganz schonungslos über den Kulturkampf im Klassenzimmer, wie der Islam Stück für Stück die Schulen erobert, wie die Mädchen schon in der Grundschule, lange vor der Pubertät und vor ihrer 1. Blutung, die sie völlig unvorbereitet erleben, verschleiert in der Klasse auftauchen. Der Respekt vor den Eltern und die Angst vor ihrer Community, als Schlampe zu gelten, ist größer.

Susanne Wiesinger ist nicht irgend eine Lehrerin. Sie ist Sozialdemokratin, engagierte Gewerkschafterin, Vertrauenslehrerin und arbeitet seit Jahren in der Personalvertretung. In diesem Jahr 2018 hat sie sich entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen und für ihre Ideen zu werben. In zahllosen Gesprächen mit Kollegen und mit Politikern auf höchster Ebene ist sie immer wieder auf taube Ohren gestoßen. Sie bezeichnet sich selbst als „entwurzelte Linke“.

Die Gegenargumente, die sie zu hören bekam, waren immer wieder dieselben: Wenn wir die Probleme mit dem Islam thematisieren, hilft das doch nur den Rechten. Und das kannst Du doch nicht wollen. Nein, sie will den rechten Parteien nicht helfen. Aber sie möchte Ehrlichkeit, sie will den muslimischen Schülern helfen. Sie möchte den religiösen Einfluss in der Schule zurückdrängen, weil der alles andere als bildungsfördernd ist.

Das Buch ist ein Dokument einer mutigen Frau, die gegen das Establishment anrennt, es zeigt ihren gewaltigen Frust. Aber die Kämpferin Susanne Wiesinger ist immer noch gerne Lehrerin , sie hat immer noch Hoffnung, dass bei vernünftigen politischen Vorgaben die Parallelgesellschaften verringert werden, die Sprachkompetenz erweitert, bei gelungener „Durchmischung“ ein bisschen Integration gelingen kann.

„Oft denke ich: Die haben gewonnen (gemeint sind die fundamentalistischen Kräfte), und wir haben verloren. In Wirklichkeit haben aber die Kinder verloren.“

Sehr lesenswert!

Es grüßt Sie herlich,

Michael Jahn